Computergestützte Geodynamik

Plattentektonik und Mantelkonvektion sind entscheidend für Leben auf der Erde. Sie beeinflussen das Erdklima durch den tiefen Kohlenstoffkreislauf und beeinflussen Meeresspiegelveränderungen.  Viele der zerstörerischsten Naturkatastrophen der Erde – Erdbeben, Vulkanausbrüche und Tsunamis – stehen im Zusammenhang mit Plattengrenzen. Trotz dieser immensen Bedeutung bleiben wesentliche Fragen zur Funktionsweise des gekoppelten Systems von Plattentektonik und Mantelkonvektion ungelöst. Wie groß sind die Kräfte, die die Plattentektonik antreiben und bremsen? Wie überwinden neue Subduktionszonen die Festigkeit der Platten? Was steuert die Lokalisierung der Deformation entlang von Plattengrenzen? Und wie beeinflussen Veränderungen der Plattenbewegungen und der Mantelkonvektion das Magnetfeld der Erde?

Das Ziel der Forschungsgruppe „Computergestützte Geodynamik“ ist es, die Dynamik der tektonischen Platten und des darunter liegenden konvektiven Mantels zu verstehen, mit einem Schwerpunkt auf ozeanischen Platten und deren Entstehung, Entwicklung und Recycling im Erdinneren. Zu diesem Zweck entwickeln wir mathematische und computergestützte Prozessmodelle, die uns helfen sollen, zu verstehen, wie diese Prozesse die Entwicklung der Erdoberfläche geprägt haben. Wir verwenden Hochleistungsrechner und moderne Forschungssoftware, um diese Modelle zu implementieren, überprüfbare Vorhersagen zu erstellen und diese mit Beobachtungen zu vergleichen.
 

Schwerpunkte

Skalenübergreifende Integration physikalischer Prozesse


Ein wichtiger Ansatz zur Entschlüsselung der Mechanismen des Platten-/Mantelsystems und seiner Wechselwirkung mit der Erdoberfläche besteht darin, die plattentektonische Skala mit der Mikroskala zu verbinden. Dies liegt daran, dass Mechanismen auf der Längenskala der Mineralkörner, die Gesteine bilden, bestimmen, wie Gesteine im regionalen und globalen Maßstab verformt werden. Daher ist eines der Ziele der Forschungsgruppe „Computergestützte Geodynamik“ die Integration dieser Mikroskala-Modelle der Verformung von Mineralen in Simulationen der Mantelkonvektion und Lithosphärendeformation. Beispiele hierfür sind die Bedeutung der Korngrößenevolution für globale Konvektionsmuster und die Rolle der Verkleinerung von Mineralkörnern für den Kollaps von passiven Kontinental-Rändern und der Entstehung von Subduktionszonen.

Das Bild zeigt, wie die Korngröße der Minerale die Viskosität in und um subduzierte Platten in einem globalen Konvektionsmodell beeinflusst. Viskositätsänderungen durch Korngrößenvariationen sind vergleichbar mit denen, die durch Temperatur verursacht werden.
 

 

Magmaentstehung und -dynamik

Wir interessieren uns dafür, wo Magma in der Erde entsteht, wie es an die Oberfläche gelangt und welche Rolle es bei Vulkanausbrüchen spielt. Zu diesem Zweck entwickeln wir numerische Methoden, die es uns ermöglichen, den porösen Fluss von Magma durch ein sich verformendes Festgestein mit der Modellierungssoftware zu simulieren. Wir haben diese Methode in Computer-simulationen von mittelozeanischen Rücken sowie der Magmabildung und des -transports an der Kern-Mantel-Grenze angewendet.

Das Bild zeigt ein Modell eines mittelozeanischen Rückens, wobei die rot-gelb-weißen Stromlinien die Magmabewegung veranschaulichen.

Mantelplumes und ihre Wechselwirkung mit tektonischen Platten

Es wird angenommen, dass die größten magmatischen Ereignisse der Erde durch massives Schmelzen entstehen, wenn heiße Mantelplumes, die vom unteren Mantel aufsteigen, die Oberfläche erreichen. Die damit verbundenen Vulkanausbrüche werden mit Umweltkatastrophen und Massenaussterbe-Ereignissen in Verbindung gebracht. Nach diesem ersten Impuls magmatischer Aktivität können Plume-Aufstiegszonen für Hunderte von Millionen Jahren stabil im Mantel verbleiben und Hotspot-Vulkanismus erzeugen. Wir interessieren uns für den Effekt der chemischen Heterogenität des Erdmantels auf die Plume-Dynamik, das Zusammenspiel zwischen subduzierten ozeanischen Platten, chemischen Reservoirs im tiefen Mantel und aufsteigenden Plumes sowie dafür, wie diese Prozesse den an der Erdoberfläche beobachteten Hotspot-Vulkanismus beeinflussen.

Das Bild zeigt ein Modell eines Mantelplumes, berechnet mit dem -Code.
 

Kopplung von Geodynamik und Thermodynamik


Geodynamische Modelle können uns zeigen, wie sich Erdmaterialien verformen und wie Kräfte im Erdinneren die Entwicklung der Erde prägen werden. Um dies zu ermöglichen, benötigen sie die thermodynamischen Eigenschaften von Gesteinen – die beschreiben, wie dicht sie sind, wie Gesteine sich bei Temperatur- oder Druckänderungen ausdehnen oder zusammenziehen und welche Minerale für eine gegebene Zusammensetzung, Temperatur und Druck stabil sind. Die Einbeziehung dieser thermodynamischen Modelle in geodynamische Simulationen ist komplex und stellt eine Reihe von Herausforderungen dar. Die Entwicklung neuer Methoden zur Bewältigung dieser Herausforderung ist eines der Ziele der Forschungsgruppe „Computergestützte Geodynamik“. Beispiele hierfür sind neue Approximationen zur Modellierung der Kompressibilität und die Verwendung von Entropie anstelle von Temperatur, um Mineralphasenumwandlungen genauer zu modellieren.

Das Bild zeigt verschiedene Konvektionsmodelle mit dem gleichen Modellaufbau, einschließlich einer Phasenumwandlung mit einem negativen Clapeyron-Slope in mittlerer Tiefe. Die Breite der Phasenumwandlung nimmt von links nach rechts ab, was zu einem Wechsel im Konvektionsregime führt.
 

Globale plattentektonische Modelle


Das gekoppelte System der Plattentektonik und Mantelkonvektion ist entscheidend für das Leben auf der Erde, da es den Kreislauf von Elementen wie Kohlenstoff durch das Erdinnere steuert und eine Energiequelle für den Geodynamo ist, der das Magnetfeld der Erde generiert. Die Plattenbewegungen zu verstehen ist jedoch eine Herausforderung aufgrund der Wechselwirkung von globaler Mantelströmung und lokalen Prozessen an den Plattengrenzen. Die Forschungsgruppe „Computergestützte Geodynamik“ untersucht globale Plattenbewegungen und die Festigkeit von Plattengrenzen, indem sie moderne Datensätze in globale Deformationsmodelle integriert. Außerdem erforschen wir, wie Plattenbewegungen und globale Konvektion Variationen im Magnetfeld beeinflussen, indem wir die Ergebnisse unserer Simulationen mit Geodynamo-Modellen verknüpfen.

Das Bild zeigt ein globales Mantelkonvektionsmodell, berechnet mit dem -Code.

 

Mitglieder

Methoden und Infrastruktur

Um die Dynamik des Erdinneren untersuchen zu können, entwickeln wir die freie Community-Software (Advanced Solver for Planetary Evolution, Convection, and Tectonics). verwendet moderne numerische Methoden um Forschungsprojekte zur Modellierung der Dynamik des Erdmantels und der Erdkruste sowie der Dynamik anderer planetarer Körper zu unterstützen. Unser Ziel mit ist es, den Geowissenschaften eine gut dokumentierte und erweiterbare Code-Basis zu liefern. Die Flexibilität von ermöglicht die Anwendung in Studien zur globalen und regionalen Mantelkonvektion, Plume- und Subduktionsdynamik, Lithosphären- und Krustendynamik, Riftbildung, Ressourcengenerierung, der Dynamik des inneren Kerns sowie zur Verformung von Mars, Venus, dem Mond und eisigen Monden. Moderne Softwareentwicklungs-Strategien machen gleichermaßen effizient in 2D und 3D, und der Löser skaliert auf mehr als 110.000 Kerne auf Frontera, dem größten HPC-System der US National Science Foundation Cyberinfrastruktur.
 

Aktuelle Forschungsprojekte

2024 „Der Lebenszyklus ozeanischer Platten: Von der Korngröße bis zur globalen Skala“
(Förderung der Erstberufung exzellenter Wissenschaftlerinnen durch die Helmholtz-Gemeinschaft, Juliane Dannberg)
 

 

  • Leiter der Forschungseinheit:

    Prof. Dr. Colin Devey
    91̽»¨ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
    Standort Ostufer
    Wischhofstr. 1-3
    24148 Kiel
    Telefon: 0431 600-2257
    Telefax: 0431 600-2924
    e-mail: cdevey(at)geomar.de

    ´¡²õ²õ¾±²õ³Ù±ð²Ô³ú/³Ò±ð²õ³¦³óä´Ú³Ù²õ³ú¾±³¾³¾±ð°ù:
    Sandra Spahl
    Telefon: 0431-600-2256
    e-mail: sspahl(at)geomar.de